Michael Georg Link charakterisiert in der „Wissenspause“ Theodor Heuss

 

Die Frage, ob Bundespräsident Theodor Heuss (1949 bis 1959) heute noch das höchste Amt in der Bundesrepublik erfolgreich übernehmen könne, beantwortete bei der letzten „Wissenspause“ im Heilbronner Deutschhof eine größere Mehrheit der 120 Zuhörer mit einem klaren „Ja“. Professor Christhard Schrenk, Direktor des Heilbronner Stadtarchivs, konfrontierte unter dem Leitthema „Zehn Fragen an zehn Tagen“ zuguterletzt mit dem Heuss-Thema. Mit seinem Gesprächspartner Michael Georg Link, FDP-Stadtrat in Heilbronn und Direktor des OSCE-Büros in Warschau (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), führte Schrenk einen genau so lockeren wie intensiven Dialog.

Link erinnerte, laut Heuss sollten die deutschen Staatsoberhäupter wie er überparteilich agieren und sich nicht unbedingt ins politische Tagesgeschäft einmischen. Professor Schrenk brachte auch den Vergleich mit den letzten Präsidenten (Horst Köhler, Christian Wulff) und dem amtierenden Bundespräsident ins Gespräch ein. Link erklärte, der heutige Präsident Joachim Gauck habe mit Heuss gemein, dass sie beide nicht immer auf Parteilinie seien. Theodor Heuss, 1884 in Brackenheim geboren und in Heilbronn ab 1890 aufgewachsen, amtierte 1949 als deutscher FDP-Vorsitzender und wurde aufgrund dieses Amtes 1949 von der Bundesversammlung zum Bundepräsidenten gewählt. Anschließend wählte der Bundestag Konrad Adenauer (CD) zum ersten Bundeskanzler.

Michael Georg Link wies in diesem Zusammenhang auf den „auf höchster Ebene ausgetragenen Meinungsstreit zwischen Heuss und Adenauer“ hin, der in einem 1989 dokumentierten Briefwechsel eindrucksvoll belegt ist. Einmal mehr schilderte Link den Bildungsbürger Theodor Heuss als Genussmensch, der auch in der provisorischen Bundeshauptstadt Bonn abends dem Brackenheimer Zweifelberg-Lemberger zusprach. „Aber das mit der Zigarre würde heute nicht mehr gehen“, fügte Michal Georg Link hinzu und beschrieb den Vergleich der heutigen Medienrepublik mit der Ära Heuss 1949 bis 1959. Deshalb müsste sich der liberale Freund der Künste mit dem hohen Qualitätsanspruch heute als Präsident umstellen aufs telegene Talk-Show-Zeitalter und auf eine kurzatmige Politik. Die Frage, ob Heuss diese auch internetgeprägte Politik mit gemacht hätte, wurde an diesem Abend freilich nicht beantwortet. Aber der Sohn aus dem beschaulichen Oberamtsstädtchen Brackenheim lebte ja in einer völlig anderen Zeit!

Wie Michael Georg Link am Rande der „Wissenspause“ andeutete, bemüht sich Theodor-Heuss-Freundeskreis Baden-Württemberg, jetzt um eine Veranstaltung mit dem Heuss-Enkel Professor Dr. med. Ludwig Theodor Heuss, der in Basel lebt und arbeitet.

Siegfried Schilling